Ermordete Juden aus Alsleben: Stolpersteine erinnern bald an Anna und Minna Rosenberg
Es ist der 30. Mai 1942. Was Anna Rosenberg in dem Moment fühlt, als ihre 58-jährige Tochter Minna in Alsleben abgeholt und in das Vernichtungslager Sobibor in Polen gebracht wird, möchte man sich wohl kaum vorstellen. Nur ein paar Wochen später wird die 77-Jährige selbst weggebracht.
Zuerst kommt sie in ein jüdisches Altersheim nach Halle - und von da aus in das Konzentrationslager Theresienstadt. Zu diesem Zeitpunkt lebt Tochter Minna schon längst nicht mehr. Auch Anna Rosenburg starb. An das Schicksal der beiden Frauen sollen nun bald zwei „Stolpersteine“ vor ihrem ehemaligen Wohn- und Geschäftshaus an der Burgstraße 22 erinnern.
Zwei Jahre und viele bürokratische Wege hat es gebraucht, bis der Heimatverein Alsleben die kleinen Pflastersteine mit Messingplatten für Anna und Minna Rosenberg anbringen durfte. „Es war schon immer bekannt, dass es in Alsleben eine jüdische Familie gab, die deportiert wurde“, erzählt Gerhard Müller, der Vorstand des Heimatvereins. „Wir hatten außerdem von dem Projekt mit den ‚Stolpersteinen‘ aus anderen Orten in der Umgebung gehört und wollten das auch bei uns machen“, berichtet er. Doch dazu musste erst das Schicksal der jüdischen Familie erforscht werden.
Ortschronistin Brigitte Haberland recherchierte das Schicksal
Durch die aufwendige Recherche der Ortschronistin Brigitte Haberland weiß man nun, dass Anna und Minna Rosenberg zehn Jahre, bevor sie deportiert wurden, noch das 50-jährige Bestehen ihres Bekleidungsgeschäftes an der Burgstraße 22 gefeiert hatten. Im gleichen Jahr war auch Annas Mann Herman Rosenberg gestorben. Die Söhne Fritz und Georg waren bereits im Ersten Weltkrieg gefallen. Übrig blieben nur noch die beiden Frauen, die das Geschäft weiterführten, an das heute noch ein beschrifteter hölzerner Kleiderbügel erinnert - aufbewahrt durch den Heimatverein Alsleben. Auch den Laden gibt es noch. Dort werden jetzt aber Elektronik-Artikel verkauft.
Bekleidungsgeschäft wurde von Nazis enteignet
Doch nur sechs Jahre nach dem Jubiläum wurde der Laden der Rosenbergs enteignet. „Juden durften ab 1938 keine Geschäfte mehr führen“, erklärt Gerhard Müller. Beide Frauen mussten außerdem fortan einen Judenstern auf ihrer Kleidung tragen. Auch der Zugang ins Alslebener Schwimmbad wurde Minna Rosenberg verwehrt, so gehe es aus alten Aufzeichnungen aus dem Archiv hervor.
Nachdem der Heimatverein die Geschichte der beiden Frauen rekonstruiert hatte, nahmen sie Kontakt mit dem Künstler Gunter Demnig auf, der seit genau 25 Jahren diese sogenannten „Stolpersteine“ anfertigt und europaweit verlegt. Erinnern sollen sie an die einzelnen Opfer des Nationalsozialismus. „Der Künstler wird für die Verlegung der Steine extra nach Alsleben kommen und passende Plätze für die goldenen Tafeln auswählen“, sagt Gerhard Müller. Doch das sei gar nicht so einfach. „Die Pflastersteine und die Tafeln müssen fast genau die gleiche Größe haben.“
Heimatverein Alsleben trägt Kosten und sucht noch Spender
Der Heimatverein Alsleben hat die Kosten von 120 Euro für jeden „Stolperstein“ übernommen. „Jeder kann sich aber natürlich noch mit einer Spende beteiligen“, so Müller. Die Verlegung der „Stolpersteine“ findet am 1. Dezember um 9 Uhr vor dem Haus an der Burgstraße 22 statt.
(mz) – Quelle: https://www.mz-web.de/28878670 ©2017